Wie oft höre ich am Telefon: “Können Sie nicht mal vorbeikommen für ein Gespräch?” Bei mir läuten dann immer alle Alarmglocken. Ich bin ein Mensch, der (leider) immer gerne ja sagt. So eine Einladung kann man doch nicht ausschlagen. Allerdings mache ich den Job des Webdesigners und Fotografen jetzt schon 17 Jahre, nächstes Jahr erlange ich also die Volljährigkeit. Warum sollte ich nicht meine Erfahrung nutzen und mich immer daran erinnern wo es nicht geklappt hat Interessenten zu Kunden zu machen. Meinen Ärger dazu habe ich schon mal in diesem Artikel niedergeschrieben.
Fast nur noch Online-Dienstleistungen — 100% Remote möglich
In den letzten Jahren habe ich mit immer mehr Menschen nur noch online und per Telefon Kontakt — und das ist auch perfekt so bei der Webseiten-Erstellung. Eigentlich sogar für beide Seiten, spart man doch unheimlich viel Zeit. Manche Kunden habe ich noch nie persönlich getroffen, obwohl es mittlerweile eine sehr enge Zusammenarbeit ist. Es kam teilweise gar nicht auf den Tisch, dass man sich einmal treffen könnte. Ich nenne es die mögliche 100%-Remote-Betreuung.
Letztlich ist es viel entspannter ein paar Dinge telefonisch zu besprechen, ein paar Mails hin und her zu senden und dann am Projekt zu arbeiten. Und das ohne sich vorher und nachher ins Auto oder die Bahn zu setzen, Fahrpläne zu studieren oder einen Parkplatz suchen zu müssen.
Klar, bei Fotoaufnahmen kann man dies nicht tun, aber eben als Webdesigner, der als Freelancer von zu Hause oder einem kleinen Büro aus arbeitet. Der aufmerksame Leser weiß, dass dies ja meine hauptsächliche Aufgabe ist. Dieser Blog heißt ja auch im Untertitel “Webdesign ist das Brot — Fotografie der Zucker”. Ich fahre natürlich auch gerne mal beim Kunden rum oder mache Ausflüge. Das ist eben der Zucker, trotzdem brauche ich für eine Website nicht für einen schmalen Tarif Klinken putzen gehen. Und das ist für die meisten meiner Kunden völlig ok und wird auch unterstützt, da auch sie ja am Ende Geld sparen oder dieses freie Budget für das Projekt einsetzen können.
Wer bezahlt die Kosten der Reiserei?
Es geht ja auch um die Kosten, die dabei entstehen. Schauen wir es uns doch einmal an: Für ein Gespräch von einer Stunde effektiven Inhalts bezüglich eines neues Projekts oder eines Projektabschnitts ist man meist 2 Stunden vor Ort. Inklusive Vorgespräch, Smalltalk und ausführlicher Verabschiedung. Dazu benötigt man 1 Stunde Anreise und 1 Stunde bis man wieder am Arbeitsplatz ist. Davor und danach muss man auch noch etwas vernünftiges essen und trinken, sucht sich eine Wegstrecke heraus, zieht sich ordentliche Sachen an, die man vielleicht vorher noch 2x wechselt, weil es nicht gefiel. Ein wenig Nacharbeiten mit den Notizen hat man auch noch. Also ist eigentlich ist ein ganzer Arbeitstag rum. Was kann man sich mit Skype, Telefon, TeamViewer und E‑Mail alles für einen Aufwand ersparen! Und man tut der Umwelt auch noch etwas Gutes. Man ist nicht mit dem Auto unterwegs und verbraucht Treibstoff, Platz, hat Stress im Straßenverkehr. Viel besser ist es auch nicht wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt. Die Zeit ist futsch. Ok, die ganze “EDV”-Technik verbraucht auch Ressourcen, im Verhältnis ist es aber etwas anderes, das ist nun mal das Kreuz der modernen Welt.
Der Kunde bezahlt ungerne die wahren Reisekosten
Die reinen und vor allen Dingen wahren Kosten allerdings, die ich zuvor erwähnt habe für die Reisen, die würde der durchschnittliche Kunde niemals bezahlen. Da könnt ihr euch sicher sein. Wenn ihr für ein 2‑Stunden-Meeting einen 6‑Stunden-Einsatz mit 571,20€ abrechnen würdet (80€/Stunde plus MwSt), dann würde es bei den meisten potentiellen Kunden nicht zu einem begeisterten Händeklatschen führen. Und das solltet ihr euch zuerst vor Augen führen. Das ist nämlich euer Einsatz für ein durchschnittliches Erstgespräch beim potentiellen Kunden.
Was ist, wenn der potentielle Kunde das mit 2 weiteren potentiellen Webdesignern macht? Es gibt tatsächlich solche Auftraggeber, die nicht nur Preisvergleiche anstellen möchten, sondern auch noch richtig Bock darauf haben an ihrem Arbeitsplatz besucht zu werden und sich zu präsentieren. Macht das mal 2, 3 Mal im Monat, dann summiert sich euer Einsatz schon auf 1713,60€ nur für die Besuche. Dazu kommen noch jeweils 2 Stunden Angebotsausarbeitung mit allen zugehörigen Formularen, das sind dann bei 3 potentiellen Kunden 571,20€. Es kommt 3x zur Vergabe bei den Mitbewerbern und ihr bleibt auf einem Stundeneinsatz von 2284,80€ an Bruttoumsatz sitzen. Da habt ihr doch sicher auch keine Lust drauf…
Alle Vorbesprechungen per Telefon — Vorabvertrag machen und dann bezahlte Projektbesprechung
Das ist mein Rat an alle, die bisher immer Klinkenputzen waren: Lernt unbedingt eine sinnvolle Vorbesprechung per Telefon durchzuführen. Dann trefft eine Vereinbarung, macht einen Vorabvertrag, dass ihr eine bezahlte Projektbesprechung durchführt und lasst diesen Kundentermin in eine Mischkalkulation für das gesamte Projekt einfließen. Das kann dann so aussehen, dass ihr 3 Stunden abrechnet und das Wegegeld per Kilometer. Eure zusätzliche Zeit spart ihr im Projekt durch sinnvollen Einsatz von bereits erarbeiteten Arbeitsschritten aus anderen Projekten ein, die berechnet werden. So kommt jeder zu den nötigen Einnahmen und am Ende steht ein Projekt auf den Beinen, das dem Kunden einen wahren Mehrwert bringt durch zusätzliche Einnahmen einer richtig guten Website zu einem fairen Kurs.
Ich habe lernen dürfen von einer Heilpraktikerin
Auch ich musste das lernen. Die Erkenntnis kommt aber im Laufe der Zeit. Man wird nicht jünger, die Zeit wird einem wichtiger, man hat schon viel erlebt. Klar klingt das altklug, ich kenne aber immer noch viele Menschen aus den verschiedensten Berufsgruppen, die das bis ins hohe Alter so machen. Da kann ich immer nur mit dem Kopf schütteln.
Am meisten aber habe ich bei einer Heilpraktikerin gelernt, die mir erzählte, dass sie in 10 Minuten die wichtigsten Dinge bei den potentiellen Patienten telefonisch abfragt, diese dann in die Praxis kommen lässt und dort dann sich voll und ganz dem Patienten widmet. Dann verdient sie ihr Geld und der Patient bekommt die 100%ige Aufmerksamkeit und Hilfe.
Und das sollte doch der Kern des Ganzen sein: Alles in trockenen Tüchern und sich bezahlt voll und ganz dem Projekt widmen können.
Was meinst du dazu? Schreib es mir ruhig in die Kommentare: